Einen selbstbewussten und selbstbestimmten Umgang mit dem eigenen Geschlecht und der Weiblichkeit insgesamt stellt für viele Frauen auch heute noch eine Herausforderung dar. Erwachsene Frauen kennen ihren Körper und ihr Lustempfinden oftmals nicht, geschweige denn, dass sie äußern, was ihnen beim Sex Spaß macht. Woher rührt diese Unkenntnis?
Klar ist, dass in der Vergangenheit in der patriarchal dominierten Gesellschaft der Frau keine eigenständige Sexualität zugestanden wurde. Es ging um die Lust des Mannes und darum, dass die Frau Kinder auf die Welt brachte – das wars! Fatalerweise ging damit die Trennung der Lust von der Liebe, des Kopfes vom Körper einher. Und letztlich ein freudvoller, natürlicher Umgang mit dem Thema Erotik und Sexualität verloren.
Gerade bei jungen Frauen fällt in Zeiten von Instagram auf, dass sie sich inszenieren, sich auf den Blick von außen konzentrieren. Für sie ist – auch in der Sexualität – vor allem wichtig, wie sie auf den anderen wirken. Und damit verlieren sie aus dem Auge, bei sich selbst zu fühlen und nachzuspüren, was für sie stimmig ist und dafür einzustehen.
Bedeutsam wäre es, dass Mädchen von klein auf einen positiven Bezug zu ihrem Geschlecht haben. Nur so entwickelt sich ein Selbstverständnis für die eigene Identität und den eigenen Wert und prägt das eigene Lust- und Liebesempfinden. Wer in einer sexualfreundlichen Umgebung aufwächst, schämt sich nicht wegen seiner Empfindungen und Wünsche; scheut sich allerdings auch nicht davor, sich klar abzugrenzen.
In vielen Familien wird jedoch noch immer von „da unten“ gesprochen, was zeigt, dass der Genitalbereich nicht einmal einen eigenen Namen wert ist. Es ist daher nicht verwunderlich, dass erwachsene Frauen ein zwiespältiges Verhältnis zu ihrer Vulva und Vagina haben und sich unwohl fühlen.
Während die Fortpflanzung in unserem genetischen Programm verankert ist, fangen wir alle in Punkto Sinnlichkeit und Erotik bei null an. Der Aufbau eines sinnlichen Verhältnisses zum eigenen Körper und Genital erfordert erotisches Lernen – vergleichbar mit dem Erlernen eines Instrumentes. Nur durch Berührungen entstehen neuronale Verbindungen im Gehirn und wir lernen, wie wir uns Lust verschaffen können. Passiert das nicht, so werden die Lustzentren im Gehirn auch nicht aktiviert. Was nicht benutzt wird, verkümmert.
Fazit: Selbstbezogene Lust ist nicht alles, aber ganz ohne geht gar nichts!