Der Vinschgerwind hat bei Elisabeth Hickmann, Sozialpädagogin und Systemische Therapeutin
Nachgefragt
- Was halten Sie vom Valentinstag?
Der Valentinstag steht dafür, dass nach dem kalten Winter die Kraft des Frühlings spürbar wird. Erstmals nur als zarter Hauch. Und diese Zartheit symbolisiert eben die Zeit der Verliebtheit. In diesem Sinn können Paare den Valentinstag nutzen, der Beziehung frischen Wind einzuhauchen. Ins Gespräch darüber kommen, was man aneinander schätzt und kleine Aufmerksamkeiten können das unterstreichen. Schwierig finde ich persönlich den damit verbundenen Erwartungsdruck. Liebe lässt sich nun einmal nicht erzwingen. Sie ist und bleibt ein Geschenk. Sehr wohl kann ich allerdings Bedingungen dafür schaffen, dass sie wächst und gedeiht nach dem Motto von Erich Kästner: „Es gibt nichts Gutes, außer man tut es.“
- Wie wird jeder Tag zum Valentinstag?
Valentinstag ist jeden Tag, wenn ich im Alltäglichen das Besondere sehen und zulassen kann. Die Dankbarkeit für all das, was mir an Gutem wiederfährt und die mitmenschlichen Begegnungen, die mich erfüllen und anregen. Damit meine ich nicht ausschließlich die Partnerschaft, sondern alles, was mein Leben bereichert. Jeder trägt die Verantwortung dafür, wie er sich sein Leben einrichtet und wie er es betrachtet. Bei sich selbst nachspüren, was stimmig ist und sein Handeln entsprechend ausrichten. Und darauf vertrauen, dass jeder Tag neu ist, gerade in herausfordernden, krisenhaften Zeiten.
- Wenn es langweilig wird, ist es Liebe…. was sagen Sie zu dieser Aussage von einem Paartherapeuten?
Mit dieser Aussage wird der Unterschied zwischen Verliebtheit und Liebe beschrieben. Liebe wäre demnach das vertraute, gesetzte, unaufgeregte Leben, auf das sich ein Paar gemeinsam im Laufe einer Partnerschaft einrichtet. Die anfängliche Verliebtheit auf Biegen und Brechen heraufzubeschwören, würde auch irgendwie kitschig anmuten. Allerdings kann ich die Aussage nur zum Teil mittragen. Denn ganz ohne Zutun funktioniert eine Partnerschaft nun einmal nicht. Da das Leben auf Veränderung hin angelegt ist, bedarf es beizeiten einer Standortbestimmung jedes Einzelnen. Und der aufrechten Mitteilung darüber, was an Wünschen, Ängsten und Sehnsüchten für die künftige Gestaltung der Beziehung im Raum steht. Eine funktionale Partnerschaft ist kein Selbstläufer.
- Woran scheitern Paare – ihrer Erfahrung nach – am häufigsten?
Kurz gesagt: An Härte, Unnachgiebigkeit und Rechthaberei. Und der fehlenden Bereitschaft, sich selbst und miteinander weiterentwickeln zu wollen. In der Arbeit mit Paaren habe ich manchmal den Eindruck, dass sich beide hinter gegnerischen Schützengräben verschanzen und auf der Hut vor den Angriffen des jeweils anderen sind. Mit zunehmender Dauer vermeiden es Paare, sich gegenseitig an ihrem Innenleben teilhaben zu lassen. Stattdessen begegnen sie sich mit wechselseitigen Vorwürfen, Klagen und Zuschreibungen und ziehen sich mehr und mehr zurück. Keiner weiß mehr, was im jeweils anderen vor sich geht, was ihn beschäftigt, worüber er sich sorgt, geschweige denn was er sich wünscht.
Ein weiterer, nicht unerheblicher Grund ist der Einfluss von Eltern und Schwiegereltern und die fehlende Entschlossenheit, sich zum Partner zu bekennen. Im kindlichen Bestreben, es den eigenen Eltern Recht machen zu wollen, fährt man sprichwörtlich lieber die eigene Beziehung an die Wand.